Ein Gedicht unterscheidet sich von einer Erzählung durch die besondere Aufteilung der Zeilen. Die Zeilen sind nicht bis zum Blattrand aufgefüllt. Sie werden vorher beendet (umgebrochen).
Aus diesem Grunde nennt man die Zeile des Gedichtes auch Vers.
Beispiel:
Erzählung:
Peter ging mit seinem Hund in den Herbstwald. Die Sonne schien heute noch einmal mit großer Kraft, vielleicht ein letztes Mal in diesem Jahr. Sie machte die Welt zu einem bunten Malkasten.
Gedicht:
Peter ging
mit seinem Hund in den Herbstwald.
Die Sonne schien
heute
noch einmal mit großer Kraft,
vielleicht ein letztes
Mal in diesem Jahr. Sie machte
die Welt
zu einem bunten Malkasten.
Ihr merkt sicher schon, dass durch die unterschiedlichen Verse einzelnen Wörtern darin ein besonderes Gewicht gegeben wird, die sie in der Erzählung nicht haben.
Welche Besonderheiten haben Gedichte noch?
In vielen Gedichten werden die Verse zu Strophen angeordnet. Eine Strophe besteht aus einer häufig gleichen Anzahl (das muss nicht immer sein) von Versen. Nach einer Strophe wird eine Leerzeile eingefügt. Daran kannst du sie erkennen.
Beispiel:
Der schöne Sommer ging von hinnen,
Der Herbst, der reiche, zog ins Land.
Nun weben all die guten Spinnen
So manches feine Festgewand.
Sie weben zu des Tages Feier
Mit kunstgeübtem Hinterbein
Ganz allerliebste Elfenschleier
Als Schmuck für Wiese, Flur und Hain.
Hier sind 2 Strophen eines Gedichtes von Wilhelm Busch abgedruckt. Es hat insgesamt 4 Strophen. Jede Strophe besitzt 4 Verse.
Dieses Gedicht besitzt noch eine Besonderheit. Je 2 Wörter am Ende der Verse in einer Strophe ähneln sich. (hinnen – Spinnen, Land – Festgewand). Solche sich ähnelnde Wörter am Ende der Verse nennt man Endreime.
Man spricht von einem Endreim, wenn ab dem Stammvokal eines Wortes alle Buchstaben gleich sind. Hier gilt das gesprochene Wort.
Ist ein Konsonant nach dem Stammvokal verschieden, so spricht man von einem unreinen Reim (stehlen – geben).
Um die Endreime zu bestimmen, bezeichnet man sie im Deutschunterricht mit einem Buchstaben, beginnend mit „a“. Gleiche Reimwörter haben den gleichen Buchstaben. In unserem Beispielgedicht oben bezeichnet man die Reime folglich mit a b a b c d c d.
Ihr könnt hierin ein Schema erkennen. In einer Strophe reimen sich immer die übernächsten Verse. Man nennt eine gleiche Abfolge von Reimen ein Reimschema.
In Gedichten kommen häufig folgende Reimschemata (Mehrzahl von Schema) vor:
Paarreim: a a b b
Kreuzreim: a b a b (siehe unser Gedicht)
umfassender Reim: a b b a
Auf eine letzte Besonderheit vieler Gedichte muss ich noch aufmerksam machen. Wenn ihr unser Beispielgedicht von Busch laut lest, werdet ihr merken, dass ihr in einen besonderen Rhythmus verfallt. Vielleicht hat euer Lehrer / eure Lehrerin auch schon mal beim Vortragen gesagt: „Jetzt leier doch nicht so!“
Wieso kommt es zu diesem Leiern?
Ganz einfach! Es gibt in vielen Gedichten eine bestimmte Abfolge von betonten und unbetonten Silben in den Versen. Die Gleichförmigkeit der Abfolge bewirkt das „Herunterleiern“.
Eine solche Abfolge von betonten und unbetonten Silben nennt man „Versmaß“, „Versfuß“ oder mit den Fachausdrücken „Metrum“ oder „Rhythmus“.
Vier Metren findet man häufig in Gedichten (u: unbetonte Silbe, X: betonte Silbe):
Jambus: u X
Trochäus: X u
Daktylus: X u u
Anapäst: u u X
Buschs Gedicht besteht aus Jamben (Mehrzahl von Jambus).
Das war jetzt viel Theorie. Du solltest die einzelnen Merkmale üben.